Montag, 07. Juli 2025
Rückblick auf die bisherige Aufarbeitung der Missbrauchsstudie...
...was ist passiert und wie geht es weiter?
Liebe Gemeindemitglieder der Pfarrei Hl. Kreuz,
am 8. Mai 2025 wurde der erste Teil der Aufarbeitungsstudie „Sexueller Missbrauch im Bistum Speyer durch katholische Priester, Diakone, Ordensangehörige und Mitarbeitende des Bistums (ab 1946)“ veröffentlicht, die unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Sylvia Schraut an der Universität Mannheim erarbeitet wurde. Die Studie wurde von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Speyer initiiert und inhaltlich konzipiert. In der Studie wird deutlich, dass Menschen, die den Schutz von Kindern und Jugendlichen zur wichtigsten Aufgabe hatten, nicht nur versagt haben, sondern manche unter ihnen selbst zu Beschuldigten wurden – weil sie Taten verübt, weggeschaut oder vertuscht haben. Zu diesen in der Studie mit Namen genannten Beschuldigten gehört auch ein Priester, der in unserer Pfarrei und in einer Nachbarpfarrei tätig war.
Es handelt sich dabei um Pfr. Alois Gabriel. Er war von 1958 bis 1964 Präfekt im Speyerer Konvikt St. Ludwig. Von 1964 bis 1971 leitete er als Direktor das Konvikt – ein Internat mit Gymnasium für Jungen, in dem der Priesternachwuchs gefördert werden sollte.
Ab 1972 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2004 war er Pfarrer in den damals noch selbständigen Pfarreien St. Mauritius mit St. Barbara Herbitzheim und St. Wendelinus Bliesdalheim. Danach war er in der Pfarrei Mandelbachtal bis zu seinem Tod im Jahr 2018 als Ruhestandsgeistlicher tätig.
Die Studie berichtet von mehrfachen Beschuldigungen. Dabei wird Pfr. Gabriel der massiven Gewaltanwendung und des mehrfachen sexuellen Missbrauchs beschuldigt, die er in der Zeit im Bischöflichen Konvikt verübt haben soll. Darüber, dass Pfr. Gabriel in der Studie namentlich genannt wird, informierte Generalvikar Markus Magin Pfr. Scheliga am 08. Mai, dem Tag der Pressekonferenz, bei der die Ergebnisse der Studie veröffentlicht wurden.
Wir - das Pastoralteam und die Mitarbeiterinnen im Pfarramt - waren und sind noch immer über den Inhalt der Studie zutiefst erschüttert. Wir fühlen mit den Betroffenen, die auch, wenn die Taten z.T. schon lange Zeit zurück liegen, noch heute darunter leiden. Von Anfang an hatten wir das starke Bedürfnis, einen Weg zu einem angemessenen Umgang mit den erschreckenden Berichten zu finden. Deshalb nahmen wir gerne das Angebot des Bistums an, gemeinsam mit Fachpersonal die neuen, verstörenden Erkenntnisse über einen ehemaligen Pfarrer aufzuarbeiten. Dies taten wir bisher in drei Schritten, bei denen wir von Anfang an von den Beratern des Bischöflichen Ordinariats Speyer, den Pastoralreferenten Ute Garth und Thomas Bauer, begleitet wurden.
Was ist bisher passiert?
In einem ersten Schritt trafen wir uns am 27.05.2025 mit den Beratern und der Interventionsbeauftragten des Bistums, Hanna Wachter, im Pfarrhaus in Reinheim. Wir konnten unsere Fragen und Gefühle in offener und achtsamer Atmosphäre mitteilen. Schnell wurde uns allen klar, dass diese Möglichkeit auch den Menschen, die in der Pfarrei leben und sich engagieren, gegeben werden muss. So entschieden wir uns, zunächst die Mitglieder der pfarrlichen Gremien in einem Austauschabend zu informieren und Raum für Fragen zu geben. Auch die Verantwortlichen in Mandelbachtal kamen zu diesem Ergebnis.
In einem zweiten Schritt luden wir deshalb alle Mitglieder des Pfarreirates, des Verwaltungsrates, der Gemeindeausschüsse und die Leiterin der kfd Rubenheim-Herbitzheim am 23.06.2025 zu einem Informationsabend schriftlich ein. Die meisten Mitglieder - 37 Personen – konnten es terminlich einrichten und nahmen an dem Abend teil. Auch dieser wurde durch Ute Garth, Thomas Bauer und Hanna Wachter fachlich begleitet und moderiert. Die Information über die erschreckenden Beschuldigungen löste eine große Betroffenheit aus. Gefühle wie Wut, große Enttäuschung, Trauer, Fassungslosigkeit, Sprachlosigkeit, Schockstarre, aber auch tiefes Mitgefühl für die Betroffenen wurden benannt. Die Teilnehmenden kamen gut miteinander ins Gespräch und es herrschte große Einigkeit darüber, dass auch eine breitere Öffentlichkeit informiert werden sollte.
Bereits eine Woche später, am 30.06.2025 luden wir gemeinsam mit den Verantwortlichen der Pfarrei Mandelbachtal alle Interessierten aus unserer Pfarrei und aus der Nachbarpfarrei Mandelbachtal zu einem offenen Informationsabend in die Gemeinschaftshalle Niedergailbach ein. Wie bei den vorherigen Treffen waren Vertreterinnen und Vertreter des Bischöflichen Ordinariats bei diesem 3. Schritt mit ihrer besonderen Fachkompetenz dabei. Außerdem Generalvikar Markus Magin, der die Vorgeschichte und das Erstellen der Missbrauchsstudie thematisierte und zu Fragen Stellung bezog. Den Abend in Niedergailbach moderierten Jutta Schwarzmüller, Ute Garth und Thomas Bauer. Hanna Wachter informierte über die konkreten Anschuldigungen, wie sie in der Missbrauchsstudie aufgezeichnet wurden.
Vertreter der Presse waren zur Berichterstattung vor Ort. 60 Gemeindemitglieder aus den Pfarreien Gersheim und Mandelbachtal waren anwesend. Auch hier kamen ähnliche Empfindungen wie beim Gremienabend zur Sprache und wurden an Stellwände geheftet. Nicht alle Fragen konnten beantwortet werden. So z.B. die Frage, warum Pfr. Gabriel seine Rektorenstelle in Speyer aufgab und in unsere Pfarrei wechselte.
Wie geht es weiter?
In unserer Pfarrei haben wir versucht, Schritte der Aufarbeitung zu gehen. Sicher werden viele von Ihnen – genau wie wir – immer wieder von Gedanken, Emotionen und ungelösten Fragen eingeholt werden. Insbesondere müssen sich diejenigen, die Pfr. Gabriel kannten und schätzten, einer sehr großen Herausforderung stellen. Es fällt schwer, das bisherige Bild von einem Pfarrer, der fast 35 Jahre das kirchliche Leben begleitet hat, mit diesen neuen, schrecklichen Informationen zu erweitern. Auch wird es Menschen geben, die das alles zuerst einmal nicht glauben können. Was kann in dieser Situation helfen?
Helfen können u.a. Zeit, Austausch und Begleitung. So steht das Pastoralteam zur Verfügung, wenn Sie weitere Fragen oder Gesprächsbedarf haben. Darüber hinaus können Sie auch mit Anlaufstellen im Bistum Kontakt aufnehmen (s.u.). Wir wollen alles uns Mögliche tun, damit unsere Pfarrei ein sicherer Ort für alle, die darin leben, ist und bleibt. Vergessen können wir die Taten der Vergangenheit nicht. Wir verbinden damit Menschen, die noch heute darunter leiden, deren Leben z. T. zerstört ist und deren Vertrauen auf schlimmste Weise missbraucht wurde. Für das Bistum Speyer ist am 18. November 2025 ein Gedenktag für Betroffene sexualisierter Gewalt in Kaiserslautern geplant. Hierzu schon jetzt dieser Hinweis. Auch können wir uns vorstellen, rund um diesen Tag in irgendeiner Form in unserer Pfarrei der Betroffenen zu gedenken.
Wir danken allen, die mit uns bisher die Schritte der Aufarbeitung gegangen sind und die füreinander ein offenes Ohr und ein weites Herz hatten. Bleiben wir gemeinsam auf dem Weg des achtsamen Miteinanders und versuchen wir, mit Gottes Hilfe und Begleitung zuversichtlich nach vorne zu schauen.
Das Pastoralteam und die Mitarbeiterinnen des Pfarramtes
Anlaufstellen:
Unabhängige Ansprechpersonen des Bistums:
ansprechperson@bistum-speyer.de, Tel.: 06232/102 545
Interventionsstelle des Bistums:
intervention@bistum-speyer.de, Tel.: 06232/102 196
Betroffenenbeirat im Bistum Speyer:
betroffenenbeirat-speyer@gmx.de, Tel.: 0151 - 44 66 80 58
Erreichbarkeit Mo - Fr von 17:00 bis 19:00 Uhr
SOS-Kinderdorf e.V., Familienhilfezentrum Kaiserslautern, wenn kein direkter Kontakt zum Bistum erwünscht ist: beratung.kjh-kaiserslautern@sos-kinderdorf.de, Tel.: 0631/316 440








